Wer blockiert Klimaschutz in Österreich?

von Klara König

Schon wieder eine Straße blockiert, schon wieder Stau. Ach, schon wieder diese Klimablockierer! Halt, sind das überhaupt die wirklichen Klimablockierer*? Sitzen die echten Blockierer nicht ganz woanders, nämlich festgeklebt in den höchsten Kreisen österreichischer Politik? Sind es nicht jene, die seit Jahrzehnten ernsthaften Klimaschutz mit vollem Tatendrang verwässern und verhindern?

Seit 2011 hat Österreich ein Klimaschutzgesetz. Doch das war von Anfang an zahnlos; es konnte die Emissionen nicht senken und seit 2020 gibt es überhaupt keine Klimaziele mehr. Ein Klimaschutzgesetz, das weniger wert ist als das Papier, auf dem es steht? Ja, und das ist kein Zufall, sondern ein Ergebnis harter Arbeit der Klimaschutz-Blockierer. Es gibt keinen Plan der Regierung, bis wann Österreich endlich aufhört Öl ins klimatische Feuer zu gießen. Was für eine Leistung! Damit diese harte Arbeit nicht unerkannt bleibt, hier eine kurze Würdigung. Die Medaillen an die besten und stärksten Klimaschutz-Blockierer des Landes gehen an … Trommelwirbel…!

Die Bronzemedaille geht an die Industriellenvereinigung: Ein Spickzettel sagt mehr als tausend Worte!

Die Industriellenvereinigung (IV) zeigt ihre Haltung oftmals weniger offensichtlich oder öffentlich im Vergleich zu ihren Klimablockierer-Kollegen. Doch im Frühjahr 2022 ist ihre Position, welche sonst eher in politischen Hinterzimmern zu hören ist, auch im öffentlichen Rampenlicht erschienen. Ein mysteriöser Spickzettel hat sie verraten. Dort liest man von “Eckpunkten kritischer Gesetzesvorhaben”, die der IV offenbar Angst bereiten. Mit ihrem Spickzettel will die IV wohl sichergehen, dass sie in klimapolitisch turbulenten Zeiten jedenfalls nur echte Klimagesetze blockiert und nicht versehentlich noch andere Gesetze. Wobei hinter vorgehaltener Hand gemunkelt wird, dass einige Industriezweige für die Transformation längst bereit sind. Manche sagen es auch öffentlich, wie der Industrielle Stanek. Er warnt davor, dass “niemand in Länder investieren wird, die ihre Klimaziele nicht erreichen” und fordert ein wirksames Klimaschutzgesetz. Die Industriellenvereinigung scheint somit wohl nicht einmal die Interessen ihrer Mitglieder richtig zu vertreten.

Die Silbermedaille geht an die Wirtschaftskammer Österreich: Klimablockierern gegen die eigenen Interessen und Freundschaften mit Kriegsverbrechern!

Wenn man an die grünen Alpen mitten im Winter denkt und sich daran erinnert, dass Wintertourismus einen großen Teil der österreichischen Wirtschaftsleistung generiert, wirft die Blockade-Haltung der Wirtschaftskammer einige Fragen auf. Sollte die WKÖ nicht eigentlich wirtschaftliche Interessen vertreten? Wie passt das dann damit zusammen, dass sie mit ihrer fossilen Politik einen ganzen Wirtschaftszweig und nebenbei auch unsere Lebensgrundlage zerstört? Es passt eben nicht. Ihre Blockadehaltung, beispielsweise beim Klimaschutzgesetz oder Erneuerbare-Wärme-Gesetz, ist kein Geheimnis. Allerspätestens im Mai 2021 war es eindeutig, als eine “interne Analyse” der WKÖ zum Entwurf des Klimaschutzgesetzes veröffentlicht wurde. Doch auch mit der Linie der Wirtschaftskammer sind bei Weitem nicht alle Mitglieder/Unternehmen zufrieden. Über die Organisation “Protect Our Winters” machen Unternehmen gemeinsam mit Athlet*innen auf die Bedrohung der Klimakrise für Wintersport und Tourismus aufmerksam und fordert unter anderem ein starkes Klimaschutzgesetz oder mehr Klimaschutz bei der FIS. Das zeigt: Die Wirtschaftskammer vertritt nicht die Interessen der “gesamten Wirtschaft", sondern lediglich die Interessen weniger fossiler Großunternehmen.

Das Arbeiten gegen die eigenen Interessen ist absurd, doch mit dem "freundschaftlichen Verhältnis" zu Putin hat die WKÖ ein nächstes Level an Absurdität erreicht. Die Wirtschaftskammer hat dafür gesorgt, dass Österreich von russischem Gas abhängig geworden ist und Putins Kriegskassen prall gefüllt worden sind. Natürlich ist Österreichs Gas-Abhängigkeit nicht das alleinige Werk der Wirtschaftskammer. Sie wurde tatkräftig von OMV und der Politik unterstützt. Es wird klar: Wer fossile Deals mit Diktatoren eingeht, dem ist jeglicher Klimaschutz ein Dorn im Auge und scheint sich an einer Freundschaft mit Kriegsverbrechern nicht zu stören.

Die Goldmedaille geht an die ÖVP: Jahrzehntelange faule Ausreden und Sabotage an unserer Zukunft!

Die österreichische Volkspartei hat 30 Jahre lang das Umweltministerium geleitet und dabei 30 Jahre ihren Job nicht gemacht. Heute ist  das Umweltministerium zwar grün, aber die ÖVP scheint immer noch geübt darin zu sein, der Klimapolitik Steine in den Weg zu schmeißen. Das zeigt das erfolgreiche Ergebnis: Die Treibhausgasemissionen sind im Vergleich zu 1990 nicht gesunken. Doch selbst diesen simplen Fakt anzuerkennen fällt Bundeskanzler Nehammer schwer. Das lässt er im ORF-Sommergespräch ganz Österreich wissen. Es folgte eine Reihe von problematischen Behauptungen wie, dass man das Klima in Österreich auch ohne Klimaschutzgesetz schütze. Der Standard nahm Nehammers Aussagen in einem Faktencheck genauer unter die Lupe. Dabei sollte man dem Kanzler ja vielleicht schon dankbar sein: Es grenzt an ein Wunder, wenn er sich überhaupt zur Klimakrise äußert. Nehammer begegnet dem Thema ansonsten meist mit königlicher Klimakrisen-Ignoranz.

Die Ausreden des Bundeskanzlers sind altbekannte - ja fast steinzeitliche - Verzögerungstaktiken, die am laufenden Band von ÖVP-Politiker*innen hervorgebracht werden. Sonderlich innovativ sind sie nicht. Ein prominentes Beispiel dafür ist der sogenannte “Klimaschutzsprecher” der Partei: Johannes Schmuckenschlager. Der Titel “Klima-Blockade-Sprecher” wäre jedoch treffender. Schmuckenschlager hat kein Problem damit, wenn kein Klimaschutzgesetz kommt. Österreich sei ja schließlich klein und “für nur 0,2 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich". Das ist übrigens derzeit auch die Lieblingsausrede von Klima-Kipferl-Verteilerin Claudia Plakolm. Der "0815-Technik-und -Innovations-Spruch" war auch schon 2021 Nonsens, wie das CCCA klarstellte. Damals brachte ihn noch Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Doch so entzückend diese rhetorischen Tricks auch sind; sie ändern rein gar nichts an der “versemmelten Klimapolitik der ÖVP”. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Ausreden nicht einer inhaltlichen, konstruktiven Debatte dienen sollen, sondern lediglich ein Ziel haben: Verzögern, Verhindern und Blockieren.

Also: Bitte einen tosenden Applaus für unsere Klimablockierer**! Wow, was für eine Leistung! Wenn ihre Arbeit nicht so katastrophale Auswirkungen auf unsere Lebensgrundlagen hätte, müsste man ihnen fast schon gratulieren.

Lasst uns die Klimablockierer feiern, indem wir sie ins Rampenlicht ziehen, die Ausreden und Verzögerungstaktiken entlarven, ihre Spickzettel lesen, ihre Freundschaften mit Kriegsverbrechern verurteilen und am 3. März alle gemeinsam auf die Straße gehen. Denn die einzige Power, die mächtige Klimablockierer stoppen kann, sind wir, die Menschen. Wir sehen uns auf der Straße!

*Beim Begriff “Klimablockierer” wird absichtlich die männliche Form verwendet. Damit soll darauf hingewiesen werden, dass die Klimakrise auch ein Ergebnis patriarchaler Strukturen ist. An Alle Klimablockiererinnen, wir sehen auch eure Arbeit.
**Die Liste könnte noch ausführlicher sein. An alle Klimablockierer, die sich ungerecht behandelt fühlen, weil ihre Leistung hier keine Anerkennung bekommt: No worries, wir sehen auch, was ihr verwässert, verhindert und blockiert.

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