"Wir Fahren Gemeinsam": Bündnis Vida und Klimabewegung
Erfolgreicher Klimaschutz und rasche Mobilitätswende brauchen gute Arbeitsbedingungen und mehr Öffi-Personal!
Der individuelle Straßenverkehr mit Verbrennungsmotoren ist mit dem größten Anteil an schädlichen Emissionen Österreichs Klimakiller Nummer 1. Daher braucht es eine verstärkte und schnellere Mobilitätswende hin zum klimafreundlichen Öffentlichen Verkehr. Doch in vielen vor allem ländlichen Regionen sind die Menschen aufgrund fehlender oder unzureichender Öffi-Angebote immer noch auf das teure Auto angewiesen. Gerade angesichts der hohen Teuerung und den damit einhergehenden teuren Spritpreisen kommt es einer Verteilung von unten nach oben gleich, wenn die Menschen vom Auto abhängig gemacht werden. Deshalb braucht es flächendeckende, dicht getaktete und leistbare Busse, Züge und Sammeltaxis für alle. Denn das bestehende Mobilitätsangebot verschärft nur Ungleichheit und schließt viele Gruppen (Alte, Junge, Geringverdienende usw.) von der Teilhabe an Mobilität aus.
Zu wenig Buslenker:innen für Angebotsausbau
Die Eisenbahn kann nicht bis ins letzte Eck Österreichs fahren, denn ihr Ausbau ist oft eine langwierige Angelegenheit. Vor allem für ländliche und entlegenere Regionen sind da umweltfreundliche Busse eine preiswertere und rascher einzurichtende Alternative. Für mehr Busse braucht es aber auch mehr Busfahrer:innen. Und gerade daran hapert es schon länger: Schon jetzt gibt es für die bestehenden Buslinien zu wenig Fahrer:innen – das Bestandpersonal in Österreichs Busbetrieben (15.000 Lenker:innen), leidet schon länger unter der hohen Arbeitsbelastung: zu wenig Pausen aufgrund zu dichter Taktintervalle, zu vielen Überstunden und viele Fahrer:innen haben deswegen schon das Handtuchgeworfen und sich einen weniger anstrengenden Job gesucht. An einen Ausbau des Linienangebots ist da angesichts solcher Fakten gar nicht zu denken.
Gemeinsam Hürden für Mobilitätswandel überwinden
Daher haben sich die Klimaschutzorganisationen Fridays For Future und System Change in Österreich mit der Verkehrsgewerkschaft vida und den Betriebsrät:innen im Busbereich zum neuen Bündnis „Wir fahren gemeinsam“ zusammengeschlossen, um für die Überwindung dieser Hürden für den klimafreundlichen Mobilitätswandel hin zu einem funktionierenden öffentlichen Verkehr für alle mit guten Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Denn eine der wichtigen zentralen Stellschrauben für die notwendige und vom Bündnis geforderte ökologische und soziale Transformation sind auch gute und gerechte Arbeitsbedingungen für die Busfahrer:innen im öffentlichen Linienverkehr.
Umfrage unter Bus-Beschäftigten
Gemeinsam wollen Fridays For Future und System Change mit der vida und den BetriebsrätInnen die Beschäftigten in den Busbetrieben bei Betriebsbesuchen und in Betriebsversammlungen informieren und motivieren, mit ihnen für die Forderungen an die Arbeitgebervertreter in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und an die
Busunternehmen zu unterstützen. Dabei werden die Beschäftigten auch hinsichtlich ihrer Prioritäten bei den geforderten Verbesserungen befragt, damit die Gewerkschaft diese Anfang März bei der nächsten Verhandlungsrunde zu den Arbeitsbedingungen den Arbeitgebern vorstellen kann. Sollten die Verhandlungen kein Ergebnis bringen, sind auch Protestmaßnahmen des Bündnisses möglich - im Herbst 2024 starten die Lohnverhandlungen für die privaten Autobusbetriebe. Unterstützung erfährt das Bündnis auch von der AK Wien. Gemeinsame wollen die Bündnispartner ihre verkehrspolitischen Forderungen an die wahlwerbenden Parteien sowie an zukünftige und aktuelle Bundes- und Landesregierungen richten.
Keine Mobilitätswende ohne gute Arbeitsbedingungen
Für das Bündnis ist klar, die Mobilitätswende darf nicht länger an schlechten Arbeitsbedingungen für Buslenker:innen mit unbezahlten Pausen und Arbeitstagen von bis zu 15 Stunden scheitern. Solche Bedingungen verursachen nur Stress und sind auch nicht gut für die Gesundheit sowie für die Attraktivität und das Image des Berufs insgesamt. Dazu kommt noch, dass entlang der Linien Sanitäranlagen fehlen, das Aufsuchen eines öffentlichen WCs in der Nähe lassen die fehlenden Pausen und zu dichten Takte oft nicht zu. Was bleibt, ist die illegale Notdurft im Freien. Und hat man Mal die Chance auf einer Pause, dann fehlen beheizte bzw. schattenspendende Pausenräume. Die Alternativen sind Frieren oder Schwitzen.
Zitate:
Markus Petritsch, Vorsitzender Fachbereich Straße, Gewerkschaft vida:
„Bei einer in Tirol durchgeführten Umfrage unter Buslenker:innen haben diese bestätigt, was den Beruf unattraktiv macht: Neben oft geteilten Diensten - lange unbezahlte Pausen zwischen zwei Diensten, die oft nur aus ein paar wenigen bezahlten Arbeitsstunden bestehen - verursachen vor allem hohes Verkehrsaufkommen, schwierige Fahrgäste und drohende Strafzahlungen Dauerstress. Ein weiterer Faktor ist, auch Loyalität zum Arbeitgeber lohnt sich finanziell nicht. Das Einstiegsgehalt von 2.773 Euro brutto im Monat ist zwar gut, aber es gibt dann keine weiteren Lohnsprünge. Das heißt, nach beispielsweise 11 Jahren in einem Betrieb erhält man etwa als Kraftfahrer:in nur rund 17 Euro mehr als jemand der erst seit zwei Jahren im Betrieb arbeitet. Das fördert nicht Fleiß und Einsatz, wie es idealerweise sein sollte, sondern demotiviert nur.“
Thomas Stiller, Mitglied Ausschuss Autobus, Gewerkschaft vida:
„Arbeit am Sonntag und in der Nacht wird Busfahrer:innen nicht bzw. zu gering abgegolten. Derzeit gelten nur Arbeiten von null bis vier Uhr als Nachtarbeit. Das deckt sich in keiner Weise mit dem üblichen Verständnis von Nachtarbeit. Die Arbeitgeber und die WKÖ halten den Zeitraum für Nachtarbeit stets künstlich kurz, weil sie die entsprechenden Zulagen einsparen wollen. Ähnliches gilt für Sonn- und Feiertagsarbeit. Unattraktiv macht den Beruf auch, dass Fahrpläne und Strecken so gestaltet sind, dass Pausen oft nicht möglich sind. Und wenn, dann fehlt es an Pausenräumen, Toiletten und Verpflegung. Lenker:innen machen sich aber laut Kraftfahrgesetz strafbar wenn sie im Winter das Fahrzeug laufen lassen, um es warm zu haben. Oft gibt es keine andere Möglichkeit und dann werden sie dafür, dass sie gezwungen sind, ihre Notdurft im Freien zu verrichten, auch noch von Anrainer:innen beschimpft und dabei gefilmt.“
Teresa Tausch, Sprecherin Fridays For Future Österreich:
„Um gerechten Klimaschutz zu erreichen, brauchen wir in Österreich eine erfolgreiche Mobilitätswende. Der öffentliche Busverkehr mitsamt seinen Mitarbeitenden ist hierfür essenziell. Daher ist es für uns Klimaaktive schlicht logisch, sich den Forderungen der Busfahrer:innen nach besseren Arbeitsbedingungen anzuschließen.“
Dominik Kölbl, Sprechende Systeme Change Österreich:
„Eine Zukunft, in der wir eine Mobilitätswende erreicht haben und Arbeitsplätze den Menschen und der Gemeinschaft statt dem Profit dienen, können wir nur gemeinsam gestalten. Daher beginnen wir schon heute in Bündnissen wie ‚Wir fahren gemeinsam‘, diese Zukunft aufzubauen.“
Forderungen des Bündnisses „Wir Fahren Gemeinsam“:
Gemeinsam für eine sozial gerechte Mobilitätswende - für Öffi-Nutzer:innen und Beschäftigte!
Verbesserung der Arbeitsbedingungen, mehr Personal
Wir fordern von den Betrieben und der WKÖ gute Arbeitsbedingungen, sodass wir als Nutzer:innen und Beschäftigte des öffentlichen Verkehrs sicher, fair und klimaverträglich gemeinsam fahren können! Dazu gehört in einem ersten Schritt die konkrete Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Kollektivvertrag der Busfahrer*innen:
· Berufserfahrung muss einfacher und umfassender anerkannt und beim Lohn finanziell berücksichtigt werden
· Längere Betriebszugehörigkeit muss sich finanziell lohnen
· Faire Entlohnung von Nacht- und Sonntagsarbeit wie in anderen Branchen
· Einfacheres Erreichen der 6. Urlaubswoche
· Aufenthaltsmöglichkeiten (beheizte Pausenräume, sanitäre Anlagen mit Toiletten
· Entfall der sogenannten „geteilten Dienste“
· Die Bundesländer müssen über die Verkehrsverbünde die „Knoch Out-Kriterien“ und Strafzahlungen für Verstöße von Busunternehmen gegen
· Vorschriften, Gesetze und Rechte von Beschäftigten deutlich verschärfen. Unsere Steuerbeiträge sollen gute Arbeitsbedingungen schaffen!