Greenpeace, Fridays For Future und WissenschafterInnen fordern “Sofortpaket Gas- Exit” und Maßnahmen gegen fossile Abhängigkeit

Nationaler Schulterschluss für Energiewende von Bundesregierung und Landesregierungen gefordert -
zusätzliche Akut-Milliarde für Erneuerbare - Aus für neue Öl- und Gasheizungen jetzt

Wien - In Reaktion auf den Krieg in der Ukraine fordern die Klima- und Energieexpertin bei
Greenpeace Jasmin Duregger, der Fridays-For-Future-Austria-Aktivist Michael Spiekermann,
Ökonomin Sigrid Stagl und Klima- und Energieforscher Daniel Huppmann am Donnerstag im
Rahmen eines Pressegesprächs ein Sofortpaket Gas-Exit für einen beschleunigten Umbau auf
erneuerbare Energien. Ziel ist es, die Abhängigkeit Österreichs von fossilem Öl und Gas so rasch wie
möglich zu beenden und mit dem Umstieg auf grüne Energie nicht länger kriegerische Konflikte
mitzufinanzieren. Die ExpertInnen fordern rasch wirksame Sofortmaßnahmen wie eine zusätzliche
Akut-Milliarde für Erneuerbare, den Stopp für neue Gasheizungen und den Umstieg auf Erneuerbare
Wärme im öffentlichen Sektor. Daneben müssen auch langfristige Maßnahmen für Wärmewende,
nachhaltige Mobilität und Energieeffizienz sowie ein Investitionsstopp in fossile Gasinfrastruktur
umgesetzt werden. Sowohl Bundesregierung als auch Landesregierungen müssten jetzt alle Hebel in
Bewegung setzen. Das Paket, rasch umgesetzt, kann die grüne Energieversorgung schon ab dem
Winter 2022/2023 maßgeblich stärken.

“Die Uhr bis zum nächsten Winter tickt. Wir müssen uns jetzt von der fossilen Abhängigkeit befreien
und uns so rasch wie möglich in eine grüne und friedliche Energiezukunft katapultieren. Das Credo
muss heißen: Kein Cent mehr für Putin und seinen Krieg. Dafür brauchen wir einen nationalen
Schulterschluss mit einem Sofortpaket für den Gas-Exit: Eine zusätzliche Akut-Milliarde für die
Fördertöpfe von schnell-installierbaren erneuerbaren Energien und thermischen Sanierungen, aber
auch ein sofortiger Stopp des Einbaus von Gasheizungen im Neubau”, fordert Jasmin Duregger,
Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich.
Die ExpertInnen warnen zudem vor unüberlegten Investitionen in andere Energieträger. Denn
scheinbare Alternativen wie Flüssiggas können Österreichs Bedarf nicht decken, sind teuer und
würden nur zur Verlagerung der Energieabhängigkeit hin zu anderen Drittstaaten führen. Ein Ausbau
der energetisch genutzten Biomasse kann ein Teil der Lösung sein, allerdings müssen dabei
Zielkonflikte berücksichtigt werden: Die sichere Versorgung mit Nahrungsmitteln, die Bewahrung der
Biodiversität und der Naturschutz müssen besonders beachtet werden.

Gleichzeitig muss aber auch die langfristige Energiewende noch schneller in die Umsetzung
kommen. Dazu Michael Spiekermann, Aktivist bei Fridays For Future: “Der neue Bericht des
Weltklimarats hat uns diese Woche wieder vor Augen geführt, dass unser Planet in vielen Regionen
unbewohnbar werden wird, wenn wir Kipppunkte im Klimasystem überschreiten. Das
Handlungsfenster schließt sich und es gibt keinen besseren Zeitpunkt als jetzt, um die Energiewende
rasch durchzuführen. Wichtig dafür ist ein sozialverträgliches Phase-Out-Konzept mit klaren
Deadlines für die 600.000 Ölheizungen und 900.000 Gasheizungen, die sich noch in Österreichs
Gebäuden befinden. Die Landesregierungen und der Bund müssen jetzt im Rahmen der
Verhandlungen zum Erneuerbare-Wärme-Gesetz einen Plan für den schnellen Ausstieg aus
klimaschädlichen, fossilen Heizsystemen verabschieden.”

Univ. Prof. Sigrid Stagl von der Wirtschaftsuniversität Wien unterstützt den Vorstoß: “Es darf keine
Frage sein ob, sondern wie schnell wir uns von der fossilen Abhängigkeit befreien. Mit Blick auf die
vielen Krisen sind Sofortmaßnahmen ökologisch und ökonomisch unerlässlich. Neben den
kurzfristigen Maßnahmen für die Wärmewende bei Haushalten und im öffentlichen Sektor müssen
jetzt auch die Weichen für ein Raus aus Öl und Gas in der Industrie gestellt werden. Es ist Aufgabe
der Politik, nun Unsicherheit rauszunehmen und den raschen Weg aus den fossilen Energieträgern
aufzuzeigen. Dabei ist es wichtig, jetzt nicht in klimaschädliche Überbrückungstechnologien zu
investieren und die Pfadabhängigkeiten zu erhalten. Das kann nur gelingen, wenn alle politischen
Ebenen an einem Strang ziehen und die nötigen Mittel und personellen Ressourcen bereitstellen.”

Auch Klima- und Energieforscher Daniel Huppmann vom Forschungsinstitut IIASA plädiert für rasche
Maßnahmen: “Kurzfristig ist es möglich, sogar einen kompletten Stopp der Importe von fossilem
Erdgas aus Russland bis zum nächsten Winter abzufedern, sodass die Versorgung der Haushalte
garantiert ist, das Stromsystem stabil läuft, und es nicht zu einem Schaden für Industrie und
Wirtschaft kommt. Gleichzeitig dürfen kurzfristige Maßnahmen nicht zu einem „Lock-In“ in
klimaschädlicher Infrastruktur führen. Der Weltklimarat warnt davor, dass wir durch kurzsichtige,
unüberlegte Maßnahmen langfristig noch größere Schäden in Kauf nehmen. Deshalb dürfen wir
durch unsere Reaktion auf den Angriffskrieg in der Ukraine die notwendige Energiewende in
Österreich und Europa nicht verzögern.”

Laut Auswertung der Statistik Austria werden 22 Prozent des Energieverbrauchs in Österreich mit
Gas gedeckt. Das sind fast 90 Terawattstunden oder 8 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Etwa ein Drittel
davon wird umgewandelt, etwa zu Fernwärme oder Strom. Rund 60 Prozent werden direkt als
Wärmeenergie genutzt. Die größten Abnehmer sind in der Industrie: Papierindustrie, die Chemie- und
Petrochemieindustrie und die Eisen- und Stahlerzeugung. Etwa 20 Prozent des Gases wird zum
Heizen in Haushalten genutzt. 23 Prozent der Heizungen in Österreich sind Gasheizungen - der
Anteil ist vor allem in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland hoch. Über 80 Prozent der
benötigten Menge an fossilem Gas wird aus Russland importiert, 10 Prozent stammt aus dem Inland.

Das Maßnahmenpaket finden Sie unter https://act.gp/Energiewende22.

Kontakt

Christian Steiner / Flora Eder, PressesprecherInnen, Greenpeace in Central & Eastern Europe

Michael Spiekermann, Fridays For Future Vienna

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