Fridays for Future Wien erhebt schwere Vorwürfe gegen die Wiener Baupolizei MA37

Die Wiener Baupolizei setzt sich über die Bauordnung hinweg und genehmigt veraltete Gasheizungen. Gasheizungen sind teuer (1), für knapp 1/3 der Wiener CO2-Emissionen verantwortlich (2) und, wo es Alternativen gibt, eigentlich verboten. Dass die MA37 dennoch sogar im Neubau Gasheizungen genehmigt, ist ein Skandal. Fridays for Future Wien ruft daher gemeinsam mit der Gewerkschaft Bau-Holz im Vorfeld der Wien-Wahl zur "Raus aus Gas!"-Demonstration am Freitag, den 4.9.2020 ab 17:30 am Heldenplatz auf.

Erschummelte Genehmigungen für Gasheizungen

§118 (3) der Wiener Bauordnung schreibt einen Vorrang für "hocheffiziente alternative Systeme" vor: Veraltete Systeme wie Gasheizungen dürfen nur mehr errichtet werden, wo es keine Alternativen gibt. (3) Im Widerspruch dazu genehmigt die MA37 Gasheizungen ohne Alternativenprüfung, wenn sie den Anforderungen der OIB-Richtlinie 6, Punkt 5.2.3 a) genügen. (4) De facto werden damit die zusätzlichen Anforderungen der Wiener Bauordnung ausgehebelt. Jedes System, das nach OIB-Richtlinie 6 erlaubt ist, wird laut Merkblatt zur Auslegung der Bauordnung (4) akzeptiert. (5)

"Wir haben die Verantwortlichen bei der MA37 schon im Mai auf das Problem hingewiesen. Seit Juni sind wir mit der zuständigen Geschäftsstelle im Rathaus in Kontakt. Abgesehen von E-Mails mit Ausreden ist nichts herausgekommen.", wirft Harald Geyer von Fridays for Future den Verantwortlichen Untätigkeit und absichtliche Täuschung vor. Amtsführende Stadträtin Kathrin Gaál als übergeordnete Stelle müsste die Missstände in ihrem Ressort abstellen und aufklären. Die Frage, wie viele Gasheizungen in letzter Zeit mit und ohne Alternativenprüfung genehmigt wurden, wird von MA37 und Rathaus beharrlich ignoriert.Eine gute Möglichkeit, die Forderung nach mehr Transparenz rechtlich verbindlich umzusetzen, wäre die Landtagssitzung am 25.9. - da wird voraussichtlich die aktuelle Novelle der Bauordnung beschlossen. Die jungen Aktivist:innen haben in der Begutachtung auch eine Stellungnahme (7) zur Bauordnungsnovelle eingebracht, wo sie ihre Vorstellungen von Transparenz, Klimaschutz und leistbarem Wohnen erklären.

Politik muss Gaslobby hinter sich lassen

Wenn es um Klimaschutz geht, appelliert die Politik gerne an die persönliche Verantwortung. Schülerin Viviane Wörther findet das empörend: "Viele Menschen in Wien können nicht ohne Gas heizen bzw. sich ihre Heizung gar nicht aussuchen." Technisch gesehen gibt es genug Alternativen, aber die Politik hat es verabsäumt, diese für die Menschen zugänglich zu machen. "Gasheizungen sind ein veraltetes System, das heutzutage kaum jemand mehr bräuchte. Aber mit schmutzigen Tricks werden wir von der Gaslobby abhängig gehalten. Die politisch Verantwortlichen müssen Menschen und eine lebenswerte Zukunft vor die Interessen von Lobbys und Konzernen stellen." so Wörther weiter.

Ein Heizkessel hat eine Lebensdauer von etwa 30 Jahren (6). Österreich soll laut Bundesregierung 2040 klimaneutral sein. Ein jetzt eingebauter Gaskessel ist eine Fehlinvestition, weil er seine Lebensdauer gar nicht mehr erreichen kann. Grünes Gas wird immer wieder als Ausweg genannt, aber Viviane Wörther lacht: "Das Argument kommt an dieser Stelle jedes Mal. In Wahrheit ist grünes Gas viel zu wertvoll und teuer, um damit zu heizen. Wir werden für Gas-LKW und -Busse, in der Industrie etc. mehr grünes Methan brauchen als Österreich jemals produzieren kann. Man braucht nur auf Wikipedia schauen und ein paar Schlussrechnungen machen, wie man sie in der 4. Klasse Volksschule lernt, um zu sehen, dass sich das einfach nicht ausgeht."

Demo am Freitag: „Raus aus Gas!“

Aus gegebenen Anlass und in Hinblick auf die Wienwahl ruft die Bewegung daher zur Klimademo unter dem Titel “Raus aus Gas!” auf. Nach einer Kundgebung am Heldenplatz um 17:30 wird die Demonstration über die Löwelstraße und rund ums Rathaus zum Florianipark ziehen. Ab 18:30 wird die Abschlusskundgebung den Beschluss sofort umsetzbarer Maßnahmen (7) noch vor der Wahl fordern. Die Landtagssitzung am 25.9. (8) ist die Messlatte, ob es die Stadtpolitik mit Klimaschutz ernst meint.


Für Rückfragen und Kontakt:

Harald Geyer 0681 103 04 146

Viviane Wörther 0677 61183037


(2) vgl Seite 8 in https://smartcity.wien.gv.at/site/files/2019/06/Dokumentation-der-Berechnungen-zur- Aktualisierung-der-Smart-City-Wien-Rahmenstrategie.pdf

(3) "Die Verwendung von Gas in zentralen Kesseln bleibt unter Berücksichtigung des Abs.3d möglich, wobei darauf hinzuweisen ist, dass in diesem Fall jedenfalls die technische, ökologische und wirtschaftliche Realisierbarkeit des Einsatzes von hocheffizienten alternativen Systemen in Betracht gezogen, berücksichtigt und dokumentiert werden muss." Seite 40 (18 von 25) https://www.wien.gv.at/ma08/hist-gesetzesentwurf/2018/beilage-27-18.pdf

(5) vgl. OIB-Richtlinie 6, Seite 8 von 23 und folgende sowie OIB-Nationaler Plan 2018, Seite 2 von 4 https://www.oib.or.at/sites/default/files/richtlinie_6_12.04.19_1.pdf https://www.oib.or.at/sites/default/files/nationaler_plan_20.02.18_1.pdf

(6) Berechnet nach Tauschrate in Seite 16 https://smartcity.wien.gv.at/site/files/2019/06/Dokumentation-der-Berechnungen-zur- Aktualisierung-der-Smart-City-Wien-Rahmenstrategie.pdf

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