OMV-Spionage? Wenn Kinder und Jugendliche von Konzernen überwacht werden

von Klara Butz

Die Klimabewegung wird offenbar von Spionage-Firmen überwacht, bezahlt von dem österreichischen Öl- und Gaskonzern OMV. Das legen interne Dokumente nahe, die dem Recherchemagazin "Dossier" vorliegen. In Neuseeland, wo die OMV ebenfalls aktiv ist, sprechen Medien von systematischer Observierung, Infiltration und Behinderung friedlicher Protest-Aktionen durch den Ölriesen. Eine kleine Zusammenfassung der Erkenntnisse der letzten Tage findest du hier.

Vergangene Woche wurden Hinweise veröffentlicht, dass die OMV Verträge mit Welund unterhält. Welund? Das Unternehmen wurde 2007 von einem ehemaligen MI6-Agenten gegründet und ist laut eigener Angabe Marktführer bei der Überwachung und Identifizierung politisch bedingter Bedrohungen für Unternehmen. Mit der Angst fossiler Großkonzerne vor der Zivilgesellschaft verdient Welund Geld. Aufgrund seiner moralisch fragwürdigen Methoden steht der Überwachungsspezialist massiv in der Kritik. Der teilstaatliche Öl- und Gaskonzern engagierte Welund dennoch und bezahlt offenbar dafür, Fridays For Future und Greenpeace zu überwachen. Gemeinsam äußerten wir unser Empören und fordern sofortige Aufklärung und Konsequenzen für die Verantwortlichen. Die höchste politische Ebene wurde daraufhin schnell aktiv: Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sandte einen Brief an den OMV-Chef Rainer Seele, die Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) forderte Aufklärung und Abgeordnete der SPÖ und NEOS stellten parlamentarische Anfragen an den zuständigen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP).

Mit Steuergeld junge Menschen überwachen?

Die OMV weist die Vorwürfe der Überwachung und Spionage vehement von sich, möchte aber dennoch keine Verträge offenlegen. Die Antworten des Öl- und Gas-Riesen sind ausweichend, der Konzern versteckt sich hinter einer angeblichen Verschwiegenheitspflicht. Man versichere allerdings, dass man sich an geltendes Recht halte und niemanden "überwache". Es handle sich lediglich um die Sammlung frei verfügbarer öffentlicher Informationen. Auch ÖBAG-Chef Thomas Schmid und der zuständige Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) schweigen, obwohl es darum geht, dass ein teilstaatlicher Konzern Kinder und Jugendliche überwachen könnte. Denn etwa ein Drittel der OMV-Aktien (31,5 %) gehören dem Staat Österreich. Es bedarf einer lückenlosen Aufklärung und Offenlegung der Verträge, um Vorwürfe glaubhaft zu dementieren und sicherzustellen, dass Kinder und Jugendliche in Österreich nicht mit Steuergeld überwacht werden.

Bildschirmfoto von einem humoristischen Twitter-Post von Fridays For Future Austria zu den OMV-Spionage-Vorwürfen
Fridays For Future Austria auf Twitter über die Spionagevorwürfe der OMV

Neue Vorwürfe in Neuseeland: Infiltration und Behinderung friedlicher Proteste

Da meinte die OMV Fridays For Future gegenüber gerade noch, dass sie die Bewegung nicht überwachen ließe und dass sie „freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinsfreiheit“ respektiere. Doch schon am nächsten Tag wurde eine neue Recherche über Spionage-Praktiken publik. Dieses Mal vom anderen Ende der Welt: Der öffentlich-rechtliche Sender Radio New Zealand veröffentlichte eine zweijährige Recherche über die systematische Überwachung neuseeländischer Klimabewegungen. Protestaktionen von Greenpeace, Extinction Rebellion und dem neuseeländischen Pendant zu FFF, "School Strike 4 Climate", wurden infiltriert und systematisch ausspioniert. Die Überwachung wurde durch die Spionage-Firma „Thompson and Clark“ durchgeführt, welche in der Vergangenheit bei diversen Aufträgen auch mit Peilsendern und gezielter Personenüberwachung arbeitete, wie Radio New Zealand berichtet. Zu den Aktionen der Spionage-Profis gegen Klima- und Umweltschützer*innen zählt eine Reihe gut dokumentierter, friedlicher Protestaktionen von Aktivist*innen in Neuseeland. Darüber hinaus zitiert das öffentlich-rechtliche Medium Umweltschützer*innen, die von der Beobachtung ihrer Privathäuser berichteten. Größte Kundin der Spionage-Firma „Thompson and Clark“ im Öl- und Gasbereich? Überraschung, hier treffen wir wieder auf die OMV!

FFF Vorarlberg-Aktivist Aaron im Interview mit Vol.at über die neuesten Enthüllungen der OMV-Spionagevorwürfe

Wir freuen uns zwar ein wenig, dass uns die OMV anscheinend als Gefahr für den Öl- und Gassektor wahrnimmt, aber das geht wirklich zu weit. Mit diesem Einschüchterungsversuch erreicht die OMV einen neuen Tiefpunkt. Dass wir die aktuelle Strategie der Branche für zukunftsvergessen halten, ist kein Geheimnis. Immerhin stellen wir uns auch mit 20.000 Menschen vor die OMV-Konzernzentrale, um lautstark unsere Meinung kundzutun. Gemeinsam mit Greenpeace fordern wir jetzt vollständige Transparenz und die Offenlegung sämtlicher Verträge mit Spionage-Firmen. Die Republik Österreich – insbesondere Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) – stehen in der Verantwortung, lückenlose Aufklärung zu betreiben.

We are unstoppable, another world is possible!

Öl- und Gaskonzerne haben die Wahl: Kerngeschäft nachhaltig umstellen oder sich verabschieden

Eines ist noch klarzustellen: Fridays For Future lässt sich nicht einschüchtern und wir hören nicht auf, uns für eine bessere Welt einzusetzen. Im Gegenteil: Dass uns fossile Konzerne als Bedrohung sehen, ist das größte Kompliment, das sie uns überhaupt machen können, wie Greta Thunberg einmal sagte. Die Angst der OMV zeigt, wie viel unser Aktivismus bewegt. Es zeigt uns, dass der große Wandel im Energiesektor Realität wird. Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien. Die Zeit von Kohle, Öl und Erdgas ist abgelaufen. Fossile Konzerne, wie die OMV, können noch immer ihr Kerngeschäft ändern, wenn sie Teil der Zukunft sein wollen. Das sind die Unternehmen ihren Mitarbeiter*innen schuldig. Neben uns allen sind die Angestellten nämlich die Leidtragenden, wenn fossile Unternehmen kurzsichtig handeln. Niemand darf beim ökologischen Umbau unserer Wirtschaft zurückgelassen werden! Spionage und Infiltration der Klimabewegung werden nichts bewirken. Es ist aber verständlich, dass solche Praktiken jungen Aktivist*innen nahe gehen. FFF-intern gibt es daher die Möglichkeit zu Gesprächen mit Berater*innen der Psychologists For Future. Gerade in solchen Zeiten stehen wir bei Fridays For Future umso enger zusammen. Am Ende gewinnt immer das Gute. Daran glauben wir fest.

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Update 26.04.2021 – OMV-Boss Seele hört auf:
Der bisherige OMV-CEO Rainer Seele verzichtet auf eine Vertragsverlängerung bei der OMV und wird mit Juni 2022 als Vorstandsvorsitzender ausscheiden. Die internationale Nachrichten-Agentur Reuters erwähnt in diesem Zusammenhang die Spionage-Vorwürfe gegenüber Klimaaktivist*innen und die umstrittene Übernahme des Petrochemiekonzerns Borealis.

Rückblick 29.11.2019: Weltweiter Klimastreik – Drei Herzen für die OMV

Drei gigantische, kreativ gestaltete Herzen mit Botschaften an die OMV stehen vor der OMV-Zentrale in Wien

Beim Weltweiten Klimastreik am 29.11.2019 waren wir mit 20.000 Menschen jeden Alters vor der OMV-Zentrale. Unter dem Motto „Black Friday – Raus aus Fossilen, Rein in die Zukunft!” haben wir lautstark protestiert. Die Energie und Aufbruchsstimmung an diesem Tag waren unglaublich. Bevor wir mit dem Demozug Richtung Innenstadt gezogen sind, haben wir der OMV drei riesige Herzen mit Botschaften geschenkt:
1. 🖤„FOSSIL FUELS ARE KILLING US” → Fossile Brennstoffe töten uns und das Leben auf diesem Planeten. Hört endlich auf, Öl und Gas zu fördern und zu verbrennen.
2. 💚„YOU DESERVE A GREEN JOB” → Ihr alle verdient einen nachhaltigen Arbeitsplatz. Wir wissen, dass die meisten von euch gute Menschen sein wollen und zu einer lebenswerten Zukunft beitragen möchten, aber von einem Klima zerstörenden Konzern finanziell abhängig sind.
3. „WE ARE ALL IN THIS TOGETHER” → Wir werden alle von der Klimakrise getroffen: Egal ob OMV-CEO, Manager*in, PR-Beauftragte*r oder Hilfsarbeiter*in. Wir sind alle in einem zerstörerischen System gefangen. Niemand ist alleine schuld an der Klimakrise und dem Artensterben. Lasst uns als Gesellschaft zusammenarbeiten, statt uns als Feind*innen zu sehen, die man ausspionieren muss.

Das Musikvideo zum Weltweiten Klimastreik am 29.11.2019: Ölkonzerne - Der traurige Gärtner

Ich arbeite an einem Wandel im Bankensektor, in der Politik und auf Hochschulen. Mal mehr, mal weniger erfolgreich.

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