Klimavolksbegehren
von Clemens Grossberger
Das Klimavolksbegehren ist ein österreichisches Volksbegehren. Es fordert unteranderem die Verankerung des Klimaschutzes in der Verfassung sowie eine Gesetzgebung, die zum Klimaschutz beiträgt, um die Abhängigkeit von fossiler Energie zu beenden.
Bereits in der Unterstützungsphase erreichte das Klimavolksbegehren mit 114.000 Unterschriften die für die Behandlung im Nationalrat notwendigen 100.000 Unterstützungen. In der Eintragungswoche vom 22. bis 29. Juni 2020 erreichte das Volksbegehren mit insgesamt 380.590 Unterschriften, das sind 5,96 % der Wahlberechtigten, Rang 21 in der Liste aller bisher durchgeführten Volksbegehren.
Forderungen
1. Zukunft ermöglichen: Recht auf Klimaschutz in die Verfassung!
In einem Klimaschutzgesetz soll das Grundrecht auf Klimaschutz verfassungsrechtlich festgeschrieben werden. Um uns eine nachhaltige Zukunft zu sichern, muss Österreich die Reduktion der Emissionen im Einklang mit dem Pariser Klimaschutzabkommen gewährleisten und Klimaschutz bei allen Regelungsvorhaben bedenken. Damit dieses grundlegende Recht auch eingefordert werden kann und langfristig festgelegt wird, ist es in der Verfassung zu verankern.
2. Zukunft sichern: Stopp klimaschädlicher Treibhausgase!
Ein verbindliches, wissenschaftlich fundiertes CO2-Budget im Klimaschutzgesetz
Im Einklang mit dem Treibhausgasbudget soll in einem Klimaschutzgesetz ein Reduktionspfad (siehe nachfolgende Grafik) gesetzlich festgelegt werden, worin Österreich sich verpflichtet, die Emissionen nach wissenschaftlichen Empfehlungen bis 2030 um mindestens 57 % zu reduzieren und bis 2040 national klimaneutral zu werden. Die Verantwortung zur Einhaltung des Budgets soll auf Bund, Länder und Sektoren aufgeteilt werden, um die Beiträge auf verschiedenen Ebenen konsistent zu machen.
Ein Klimarechnungshof der die Einhaltung des CO2-Budgets prüft
Ein Klimarechnungshof, institutionell nach dem Vorbild des “Finanz”-Rechnungshofes, ist im Klimaschutzgesetz verfassungsrechtlich zu verankern. Er soll sich aus einem unabhängigen Gremium universitärer Fachleute und wissenschaftlicher Expert*innen zusammensetzen und die Einhaltung des Treibhausgasbudgets prüfen, veröffentlichen und bei Verfehlung Empfehlungen für zusätzliche Maßnahmen aussprechen. Bei allen neuen und bestehenden klimarelevanten Gesetzen, Verordnungen und Projekten soll außerdem eine wissenschaftliche und transparente Folgenabschätzung für Klima-, Umwelt- und Artenschutz durchgeführt werden.
Ein Klimacheck bestehender und neuer klimarelevanter Gesetze und Verordnungen
Ein unabhängiger Klimadienst soll ab sofort alle neuen Gesetze und Verordnungen vor Beschluss auf ihre Klimaverträglichkeit prüfen. Zusätzlich soll ein Klimacheck aller bestehender klimarelevanter Gesetze durchgeführt und die Empfehlungen laufend in das Klima-Maßnahmenpaket eingearbeitet werden.
3. Zukunft fördern: Klimaschutz belohnen und niemanden zurücklassen!
Kostenwahrheit und eine ökosoziale Steuerreform
Klimaschädliches Handeln soll reduziert werden und muss daher den Preis haben, den es auch für die Gesellschaft hat. Für die Höhe und Ausgestaltung des langfristig steigenden Preises sollen deshalb wissenschaftliche Vorschläge herangezogen werden, um Kostenwahrheit und einen Lenkungseffekt zu garantieren. Den Verbraucher*innen und Unternehmen sollen so die Kosten für die verursachten Klimafolgen durch ein deutliches Preissignal mitgeteilt werden. Gleichzeitig soll klimafreundliches Handeln günstiger und somit klimafreundliche Energie, Mobilität etc. leistbar für alle werden.
Vollständiger Abbau klimaschädigender Subventionen
Die Milliarden, die jetzt in klimaschädliche Subventionen fließen (z.B. Dieselprivileg, Dienstwagenprivileg, fehlende Besteuerung des Flugverkehrs) und die Einnahmen aus einer ökosozialen Steuerreform sollen dazu verwendet werden, Menschen mit geringem oder gar keinem Einkommen durch einen Klimabonus zu entlasten und den Faktor Arbeit geringer zu besteuern. Andererseits soll das Geld zweckgebunden in nachhaltige Infrastruktur, Energie und Verkehr investiert und diese für alle zugänglich gemacht werden. Damit dies gelingen kann, sollen auch die Ausgestaltung und Implementierung klimafreundlicher und regionaler Wertschöpfungsketten gezielt gefördert werden. Diese Lenkungsmaßnahmen kommen langfristig allen zugute und setzen Anreize für Gesellschaft und Wirtschaft, nachhaltige Lösungen zu finden und umzusetzen.
4. Zukunft gestalten: Mobilität und Energie nachhaltig machen!
Flächendeckende Versorgung mit klimafreundlicher Mobilität
Energie (Strom & Wärme): Um den Energiesektor nachhaltig und naturverträglich zu gestalten, muss der Energieverbrauch zurückgeschraubt, die Energieeffizienz erhöht und der verbleibende Energiebedarf vollständig aus erneuerbaren Quellen bezogen werden. Eine saubere, lokale Energieversorgung in Österreich sorgt für Wertschöpfung in den Regionen, sichert Unabhängigkeit und generiert langfristige Arbeitsplätze.
Eine garantierte Finanzierung der Energiewende
Statt der bisherigen Stop-and-Go Politik samt auslaufender Fördertöpfe braucht es langfristig verfügbare und ausreichende Mittel für den Umstieg auf saubere Energie. Wie bei der Mobilität, muss erneuerbare, regionale Energie für alle Menschen nutz- und leistbar sein.
Geschichte
Im Herbst 2018 initiierte Helga Krismer, Abgeordnete der Grünen zum niederösterreichischen Landtag, das Volksbegehren. Im März 2019 übergab sie die Rolle der Sprecherin an Katharina Rogenhofer, die eine der Initiator*innen von Fridays For Future in Österreich war.
Die Beratungen der Parteien im Nationalrat über das Klimavolksbegehren mündeten im Umweltausschuss am 9. März 2021 in einer umfassenden Entschließung der Regierungsparteien, um den Weg der Klimaneutralität wie auch die ökosoziale Steuerreform in Österreich voranzutreiben. Dem Beschluss ist zu entnehmen, dass bis Mitte 2021 ein aus Bürger*innen bestegender Klimarat und ein wissenschaftlicher Klimabeirat eingerichtet werden sollen.