Klimabilanz Containerschiffe: mehr als nur eine CO2-Schleuder
von Magdalena Frauenberger
Containerschiffe stoßen jährlich Unmengen an Luftschadstoffen in die Atmosphäre. Das schadet dem Klima, den Tieren und uns Menschen!
Foto: Johanna Frauenberger
Wenn wir einkaufen gehen, ist den meisten von uns klar, dass einige der Produkte in unseren Regalen unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen hergestellt wurden. Auf eine umweltfreundliche Produktion wird dabei meist nicht geachtet. Aber wie sieht eigentlich der Transport dieser Waren aus? Viele der Produkte, die du bei uns kaufen kannst, wurden mit Schiffen transportiert. Wie klimaschädlich Containerschiffe wirklich sind und welche unterschiedlichen Waren auf diese Weise die Weltmeere überqueren, ließt du hier.
Vor Kurzem beleuchtete die ORF-WELTjournal-Dokumentation „Suez – der Preis der Containerschifffahrt“ die Riesenfrachterindustrie. Mehr als 90 Prozent aller Waren in westlichen Industrieländern werden demnach von weit entfernten Ländern mit Containerfrachtschiffen transportiert. Grund genug also, sich die Klimabilanz dieser Frachter einmal genauer anzusehen.
Umweltverschmutzender Treibstoff: Schweröl
Kaum zu glauben, aber einst galten Transportschiffe sogar als „klimafreundlicher“. Da sie, wenn man allein den CO2-Verbrauch hernimmt, pro Tonnenkilometer weniger ausstoßen als zum Beispiel ein Lastwagen. Schaut man sich aber den Treibstoff der Frachter genauer an, wird schnell klar: Da gibt es einen Hacken. Denn die meisten Transportschiffe fahren mit einem zutiefst schädlichen Brennstoff, das sogenannte Schweröl. Dieses Öl enthält eine Unmenge an Luftschadstoffen, wie zum Beispiel Schwefeloxide, Feinstaub, Stickoxide oder Ruß. Man muss kein*e Chemiker*in sein, um sich der potenziellen Belastung dieser Stoffe bewusst zu werden. Forscher des Instituts für globale Gesundheit (ISGlobal) in Barcelona haben herausgefunden, dass alleine in Europa jährlich etwa 50.000 Menschen vorzeitig an den Folgen von Luftverschmutzung sterben. Ziehen wir einen kurzen Vergleich: Wir wissen, dass ein Auto mit Benzin oder Diesel absolut kein Zukunftspotential für eine klimagerechte Welt hat. Laut dem deutschen Umweltbundesamt darf ein Auto die Schwefelgrenzmenge von 0,001 Prozent im Kraftstoff nicht überschreiten. Ein Transportschiff hat hingegen eine weltweite Schwefelgrenzmenge von 0,5 Prozent. Das ist um das 500-Fache höher! Zudem ist Ruß nach CO2 der zweitstärkste Klimatreiber der Welt, womit das Märchen von einem „umweltfreundlicheren“ Containerschiff hiermit widerlegt wäre.
Warum ist Schweröl nicht schon längst abgeschafft?
Warum ist dieses umweltverschmutzende Schweröl noch nicht abgeschafft? Der Grund dafür liegt wie so oft im Preis. Schweröl ist billig. Laut einer Studie von „Naturschutzbund Deutschland“ liegen die Transportkosten für ein T-Shirt durchschnittlich bei nur 2 Cent. Dieser Billigpreis ist schuld daran, dass Unternehmer*innen und Transportunternehmen noch immer auf diesen schädlichen Treibstoff setzen. Der niedrige Preis erklärt, warum solche Unmengen an Waren, die von den weit entferntesten Länden stammen, überhaupt zu uns transportiert werden. Das Geschäft lohnt sich für die Firmenchef*innen, die damit große Gewinne machen, sowie für die Konsument*innen in westlichen Ländern, die billige Kleidung kaufen können. Die Arbeiter*innen in den Fabriken und auf den Schiffen bleiben allerdings auf der Strecke. Miese Arbeitsbedingungen und lange Arbeitszeiten für geringes Gehalt sind die Folge. Trotzdem wächst und wächst das Geschäft. Ein Ende? Nicht in Sicht. Allein in einen einzigen Container passen rund 40.000 T-shirts und die Containerschiffe werden immer größer. Auf den größten Containertransportern der Welt haben ca. 25.000 Container Platz.
Was ist da eigentlich alles drin, in den Containern?
Ein weiteres Problem hat zwar nicht unmittelbar mit der Erderwärmung zu tun, ist deshalb aber nicht weniger wichtig. Oft wissen wir gar nicht, was alles in diesen riesigen Containern übers Meer verschifft wird und wer genau hinter dieser Schiffsindustrie steckt. Die Weltjournal Doku zeigt auf, dass es zwar theoretisch ein Gesetz zur Kontrolle der Ware an Board gibt, in der Realität allerdings nur knapp 1 Prozent aller Frachten untersucht werden. Diese mangelnde Transparenz sorgt auch dafür, dass wir fast nichts über die großen Gewinner*innen dieses Millionengeschäfts wissen. Auf Unternehmen wie H&M oder Apple lastet zwar bereits ein gewisser Druck in Sachen Umwelt und Klima, die Reedereien wie MSC oder Maersk stehen jedoch nicht ansatzweise so im Fokus und können sich dieser Kritik besser entziehen. Amerikanische Wissenschaftler*innen vom „Climateaccountability“-Institut haben in ihrer letzten Studie aufgezeigt, dass allein 20 Firmen für zwei Drittel des gesamten CO2 Ausstoßes verantwortlich sind, wobei die schweizerische Reederei MSC dabei sogar vor dem Billigflieger Ryanair landet. Damit gehört sie zu den zehn größten CO2-Verursacher des Kontinents.
Wie geht es jetzt weiter? Was sind die Lösungen?
Puh. Das waren ganz schön viele erschreckende Fakten, oder? Der Gedanke „Was kann ich tun“, kann hier der erste Schritt in die Richtung einer klimagerechten Welt sein. Klar ist aber auch: Alternativen zu Fast Fashion zu kaufen, ist gut. Als Zivilbevölkerung Druck auf Unternehmen und Regierungen, die Schuld an dieser umweltschädlichen Transportindustrie sind, aufzubauen, ist besser. Als Einzelne*r in der Rolle als Konsument*in lässt sich durch bewusste Kaufentscheidungen leider nur schwer etwas wirklich Großes bewirken. Wenn wir Großes erreichen wollen, sollten wir uns als Bevölkerung zusammenschließen. Wir sollten uns politisch engagieren, auf die Straße gehen und von der Regierung klimafreundliche Gesetze fordern, denn wir alle haben ein Recht auf eine klimagerechte Welt.
Was können wir nun in Punkto Containerschifffahrt konkret fordern?
Grundsätzlich gilt: Eine Grundvoraussetzung für die Verbesserung der Luftverschmutzung durch Containerschiffe ist ein Treibstoffwechsel. Ein Dieselkraftstoff ist zwar keine Endlösung, gemeinsam mit einer wirksamen Abgastechnik würden die Emissionen von Ruß und Stickstoff dadurch aber bereits um ganze 98 Prozent sinken. Der CO2-Ausstoß würde damit natürlich auch sinken. Zudem braucht es ein transparentes Lieferkettengesetz. Es ist nicht nur wichtig zu wissen, wo ein Produkt produziert wurde, sondern auch wie und von wem es transportiert wird. Es gibt sogar Bürger*inneninitiativen, unter anderem hier in Österreich, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen.
Wie sagt man so schön? „Wissen heißt Macht“. Und darum heißt es auch bei der Klimakrise stets die Augen und Ohren offenzuhalten. So kommen wir unserem Ziel von einem lebenswerten Planeten für jede*n ein Stückchen näher.
Quellen:
https://tv.orf.at/highlights/orf2/210331_weltjournal_suez100.html
https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/emissionsstandards/seeschiffe-luftschadstoffe-energieeffizienz#partikelemissionen-
https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/verkehr/schifffahrt/containerschifffahrt/16646.html
https://climateaccountability.org/pdf/CAI%20PressRelease%20Top20%20Oct19.pdf