Teuerungen? Mit Klimaschutz gegen die Energiekrise

von Gerrit Osabal und Laurenz Berger

Wir fordern eine ordentliche Energiegrundsicherung, die durch eine Übergewinnsteuer finanziert wird.

Foto: Noomi Sollak

von Laurenz Berger und Gerrit Osabal

Energiearmut in Österreich

94.000 Haushalte in Österreich können es sich nicht leisten, ihr Zuhause angemessen zu beheizen - das geht aus einer 2021 veröffentlichten Studie von E-Control und Statistik Austria hervor. [1] Weitere 115.500 Haushalte mit Einkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle haben überdurchschnittlich hohe Energiekosten zu tragen.[2] Die Datensätze der Studie stammen dabei aus 2017 bis 2019 und somit aus einer Zeit vor Covid-Pandemie und Ukraine-Krieg. Mittlerweile sind Energiepreise für Menschen in Österreich stark angestiegen. Der Energiepreisindex (EPI) der Österreichischen Energieagentur zeigt: Haushalte zahlten im Sommer 2022 durchschnittlich fast 50% mehr für Energie als noch vor einem Jahr. [3] Nicht berücksichtigt sind dabei weitere Preiserhöhungen ab September. So hoben zum Beispiel EVN und Wien Energie ihre Preise mit 1. September 2022 für Strom und Gas deutlich an. Laut Recherche des Kurier müssen Haushalte so mit zusätzlichen Kosten von bis zu 2.000 im Jahr rechnen. [4]

Strompreisbremse und Mission11 reichen nicht!

Um den Energiepreiserhöhungen entgegenzutreten, beschloss die Bundesregierung am 7. September 2022 die Strompreisbremse, die von Dezember 2022 bis 2024 in Kraft sein soll. Die Strompreisbremse sieht vor, dass Verbraucher*innen für eine Kilowattstunde Strom nur noch 10 Cent selbst bezahlen, während max. 30 Cent staatlich bezuschusst werden - bis zu einem Jahresverbrauch von 2.900 kWh Strom, der ca. 80% des durchschnittlichen Verbrauchs eines Dreipersonenhaushalts entspricht. [5] Größere Haushalte sollen zusätzliche Förderungen beantragen können, Details hierzu sind noch in Ausarbeitung. [6] Um soziale Treffsicherheit zu gewährleisten, sollen für Haushalte, die aufgrund ihres geringen Einkommens von Rundfunkgebühren befreit sind, zusätzlich 75% der Netzkosten gefördert werden. [7]

Um unabhängig davon Haushalte zum Energiesparen aufzurufen, startete das Bundesministerium für Klimaschutz (BMK) im September die Kampagne Mission11. Laut BMK können durch Energiespartipps wie Raumtemperatur senken, Fenster abdichten, Kaltwasser verwenden oder Stand-by vermeiden bis zu 11% der in österreichischen Haushalten verbrauchten 90 TWh Energie gespart werden. [8]

Diese Maßnahmen aber sind unzulänglich - vor allem aus drei Gründen: 1) wegen unzureichender sozialer Treffsicherheit, 2) mangelnder Verknüpfung von Förderung und Anreizen zur Einsparung und 3) fehlender Übergewinnsteuer.

Übergewinnsteuer fehlt!

Fridays For Future Austria kritisiert insbesondere das Fehlen einer Übergewinnsteuer. Durch den Anstieg von Energiepreisen profitieren heimische Energiekonzerne von zum Teil beträchtlichen Gewinnsteigerungen. So machten OMV und Verbund im Jahr 2022 um fast 40% mehr Gewinn als noch 2021. [9] Im Vergleich zum Durchschnittsgewinn der 24 davor liegenden Quartale waren die Gewinne der OMV im ersten Quartal 2022 sogar viermal so groß. [10] Nachdem diese gigantischen Gewinne auf den Ukraine-Krieg zurückzuführen sind, handelt es sich um reine Zufallsgewinne und macht Energiekonzerne zu Profiteuren der humanitären Krise in der Ukraine. Gleichzeitig werden die im Rahmen der Strompreisbremse vorgesehenen staatlichen Förderungen letztlich mit Steuergeld bezahlt, sodass Haushalte Förderungen indirekt in Form von Steuern zumindest zum Teil bereits selbst bezahlt haben.

Wir brauchen Energiegrundsicherung mit Übergewinnsteuer!

Bereits seit Jahren wird von Organisationen wie der Volkshilfe oder Attac eine Energiegrundsicherung gefordert - dieser Forderung schließt sich Fridays For Future Austria an! [11] Ausgangspunkt ist der Gedanke, dass Energie für ein warmes Zuhause, für einen Herd zum Kochen sowie für Licht und Internet ein Grundbedürfnis und -recht darstellt. Die dafür erforderliche Menge an Energie soll jedem Haushalt kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Wie groß diese Energiemenge genau sein soll, muss öffentlich diskutiert werden - Attac zum Beispiel schlägt vor, jedem Haushalt 50% des durchschnittlichen Verbrauchs von Haushalten derselben Größe kostenlos zur Verfügung zu stellen und weitere 30% zu gedeckelten Preisen anzubieten. [12] Energieverbrauch, der darüber hinausgeht, würde als Luxusverbrauch progressiv besteuert und so Anreiz zum Energiesparen bieten.

Dieser Ansatz verspricht zwei große Vorteile gegenüber den Maßnahmen der Bundesregierung: 1) höhere soziale Treffsicherheit und 2) mehr Anreiz zu Einsparungen. Denn: Die Strompreisbremse nimmt den Verbrauch von Dreipersonenhaushalten als Bemessungsgrundlage, sodass kleinere Haushalte überproportional gefördert werden, während größere Haushalte in Gefahr geraten, zu wenig zu erhalten. Haushalte derselben Größe als Grundlage zu nehmen, verspricht hingegen deutlich höhere soziale Treffsicherheit. Und: Durch die Besteuerung von verschwenderischem Luxusverbrauch bestünde hoher Anreiz zu Einsparungen. Soziale Härtefälle hingegen würden bei Mehrverbrauch zusätzlich unterstützt. Maßnahmen wie der Energiekostenzuschuss der Stadt Wien könnten dabei in die Energiegrundsicherung integriert und bundesweit vereinheitlicht werden.

Zur Finanzierung der Energiegrundsicherung fordern wir außerdem eine Übergewinnsteuer! Energiekonzerne haben kein Anrecht auf durch Krieg, Leid und Zerstörung entstandene Profite. Historische Beispiele gibt es genug: Während des Ersten Weltkriegs wurden Gewinne in Großbritannien mit bis zu 80% besteuert, während des Zweiten Weltkriegs in den USA sogar mit bis zu 95%. [13] Eine Besteuerung dieser Zufallsgewinne würde diese im Rahmen einer Energiegrundsicherung der Allgemeinheit zugutekommen lassen.

Und wir brauchen ein Klimaschutzgesetz!

Die aktuelle Energiekrise zeigt auch einmal mehr die Nachteile der Abhängigkeit von fossiler Energie: Öl und Gas müssen nach Österreich importiert werden, ihre Verfügbarkeit ist abhängig von den Launen autokratischer Regimen und unberechenbaren Preisen. Nur eine völlige Abkehr von fossiler Energie und die lokale Produktion erneuerbarer Energie können solche Krisen künftig verhindern. Die Grundlage dafür ist unter anderem ein wirksames Klimaschutzgesetz. In einem offenen Brief an Vizekanzler Kogler und Bundesministerin Gewessler forderte Fridays For Future Austria im August erneut ein Klimaschutzgesetz. [14] Denn: Ein Klimaschutzgesetz mit verbindlichen Reduktionspfaden bis 2040 ist Teil des Regierungsübereinkommens und somit ein Versprechen der Bundesregierung gegenüber allen Menschen, die in Österreich leben. [15] Die aktuellen Budgetverhandlungen sind vermutlich die letzte Chance, ein solches Klimaschutzgesetz auf den Weg zu bringen.

Wir fordern daher erneut ein Klimaschutzgesetz, das 1) das Ziel der Klimaneutralität in der Verfassung verankert und somit Regierungen zur Einhaltung verpflichtet, 2) Ziele für die Reduktion von Emissionen festlegt und deren Überwachung ermöglicht, 3) Sofortmaßnahmen definiert und im Fall einer Zielverfehlung einleitet und 4) das Grundrecht auf Klimaschutz in die Verfassung aufnimmt und so den Menschen in Österreich ermöglicht, Klimaschutz einzuklagen. Dieses Klimaschutzgesetz brauchen wir zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Abkommens unbedingt! Darüber hinaus brauchen wir endlich ein wirksames Erneuerbare-Wärme-Gesetz und ein neues Energieeffizienzgesetz, um Energie sparsamer zu nutzen sowie die Abkehr von fossiler Energie und den Ausbau erneuerbarer Energie zu beschleunigen. Die Zeit drängt: Längst hat sich die Erde um 1,1 Grad erwärmt und wieder geht ein Sommer voller Extremwetterereignisse zu Ende. [16]

Fangen wir jetzt an: Mit dem Klimaschutzgesetz leisten wir unseren Beitrag zur Eindämmung der Klimakrise und zum Schutz der Menschen in Österreich vor fossilen Energiekrisen. Mit einer Energiegrundsicherung sparen wir wertvolle Energie und bekämpfen Energiearmut in Österreich. Um das zu erreichen, komm mit uns auf die Straße! Komm am 23. September mit zum weltweiten Klimastreik!

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