Wie eine Klima-Vorlesung zur (zweit)größten Lehrveranstaltung wurde
von Klara Butz
Über 2070 Studierende waren für die klimabezogene Lehrveranstaltung angemeldet.
Foto: Ralf Appelt
Mit 2070 Anmeldungen wurde die Ringvorlesung „Climate Change and Climate Crisis: Future perspectives and concepts“ Uni-Wien-weit nicht nur zur größten Lehrveranstaltung des vergangenen Wintersemesters, sondern auch zur zweitgrößten Lehrveranstaltung in der Geschichte der Uni. Was dahintersteckt, was wir daraus lernen können und wann es weitergeht.
Wie alles begann: Klimavorlesungen zur Primetime
Im Wintersemester 2019, noch vor der Pandemie und gefühlte Lichtjahre her, füllte eine Klima-Ringvorlesung wöchentlich den Audimax der Universität Wien. Mittwochs zur Primetime versammelten sich Studierende, um den verschiedensten Wissenschafter*innen zu lauschen. Das bis dato für mich unbekannte Format begeisterte sehr: Philosophin Elisabeth Nemeth und Biologin Christa Schleper begrüßten Woche für Woche Vortragende aus Geistes-, Sozial-, Natur- und Wirtschaftswissenschaften und verdeutlichten die Interdisziplinarität der Klimakrise. Für uns als Students For Future war der Mittwochabend Pflichtprogramm, wir durften sogar jedes Mal bunte Banner aufhängen. In dieser erfrischenden Vortragsreihe steckte so viel Kraft, das war unfassbar motivierend.
Ein Planungssommer auf der Donauinsel
Ein Zeitsprung: Sommer 2020, der erste Lockdown ist überstanden, die Ringvorlesung ist mittlerweile nur noch Erinnerung. Aber gerade in dieser Erinnerung schwelgen Max, Adrian und ich bei einem Kaffee-Treffen mit Christa Schleper, der Mitorganisatorin der Lehrveranstaltung. Eigentlich sind wir alle der Meinung, dass es wieder so eine Vorlesung braucht. Für die Planung sind wir schon sehr spät dran – trotzdem möchten wir es versuchen.
Mit einem großen Vertrauensvorschuss von Vizerektorin Schnabl (ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle!) bekommen wir eine Zusage für die Veranstaltung - inklusive Zeitfenster im Audimax. Täglich fallen uns neue Wissenschafter*innen ein, die wir unbedingt dabei haben möchten. Regionale Aspekte sowie globale, naturwissenschaftliche sowie geisteswissenschaftliche. Und Anwendungsbeispiele dürfen auch nicht fehlen! So passiert es nicht selten, dass Adrian und ich auf der Donauinsel brainstormen und unsere Ideen sofort mit Christa abgleichen. Franz Essl, ein weiterer renommierter Biologe, komplettiert unser Team. Wir verschicken viele, viele E-Mails und rufen Telefonnummern aus ganz Europa an. Zeitpläne mit 16 Vortragenden abzugleichen ist gar nicht so einfach!
Semesterstart und Online-Uni
Kaum zu glauben, der Plan steht. Im Audimax gibt es Corona-bedingt erstmals stark limitierte Platzbeschränkungen und bald wechselt die Vorlesung von Hybrid-Lehre zu reinem Online-Modus. Über diverse Moodle-Foren bemühen wir uns, durchgehend für Studierende bereitzustehen und freuen uns über den Austausch und das Interesse – Adrian kontrolliert voller Freude wöchentlich die stetig steigenden Anmeldezahlen. Die Vortragsthemen reichen von Fredi Ottos Attributionsstudien über Barbara Laas Stadtentwicklung hin zu Andrew Fannings Doughnut Economy. Und nicht nur angemeldete Personen sehen zu, alle Vorträge sind öffentlich zugänglich. Natürlich spielt die Technik nicht immer mit. Ab und an treten neue, unvorhersehbare Schwierigkeiten auf, welche mal besser, mal schlechter gelöst werden können. Nicht nur in diesen Momenten wünschen wir uns, dass Corona hoffentlich bald vorbei ist und wir nicht mehr nur zu viert im Publikum des Audimax sitzen.
So schnell wie es begonnen hat, ist das Semester auch schon wieder vorbei. Wir erhalten äußerst positives Feedback, in welchem die Auswahl der Vorträge, die Organisation – sogar die Prüfung – gelobt wird und auch wertvolle Verbesserungsvorschläge an uns herangetragen werden. Einige Personen schreiben uns sogar, dass die Vorlesung eine Goldgrube an Wissen sei und dass sie nach jeder Vorlesung ihren Mitbewohner*innen begeistert die Inhalte nacherzählten. Wieso schildere ich das alles? Einerseits möchte ich skizzieren, wie es hinter den Kulissen einer Ringvorlesung aussieht. Andererseits bin ich persönlich einfach sehr stolz auf dieses Projekt und immens dankbar, dass ich in diesem wunderbaren Team mitarbeiten durfte.
Was kann sich die Universität Wien aus dieser Lehrveranstaltung mitnehmen?
Erst seit Kurzem wissen wir, dass dieser Kurs der größte des letzten Semesters war. Er toppt damit die Einführungsvorlesungen am Juridicum und die Pflichtkurse der Lehramtsstudien. 2070 Studierende haben sich von all den Wahlfächern für „Climate Crisis“ entschieden. Für mich bedeutet das: Die Klimakrise ist nicht nur ein wichtiges Thema an der Uni Wien. Für Studierende ist die Klimakrise DAS WICHTIGSTE THEMA. Diese Zahlen verdeutlichen auch, dass das Klima-Angebot an der Uni Wien noch nicht ausgereift und die Nachfrage vorhanden ist. Die Uni muss sich den Herausforderungen der Krise stellen und ihre Lehre darauf ausrichten, Lösungen aufzuzeigen. Wenn es noch keine Lösungen gibt, muss die Forschung Wege finden. Hochschulen haben der Gesellschaft gegenüber eine Verantwortung und diese sollte entsprechend wahrgenommen werden. Dieses Thema darf nicht nur von einigen wenigen, überdurchschnittlich engagierten Professor*innen wie Christa oder Franz getragen werden, gebündelte Kräfte mit Unterstützung des Senats und des Rektorats sind notwendig, um die Klimakrise in der Lehre, Forschung und Infrastruktur zu stärken. Damit würde die Uni ihrer Vorbildwirkung und den Erwartungen neuer Forschungsgenerationen gerecht werden.
Es geht weiter - in diesem Wintersemester!
Du möchtest wissen, was es mit dieser Ringvorlesung auf sich hat? Dieses Wintersemester geht es direkt weiter! Die Vorlesung “Climate Change and Climate Crisis - Transformative Concepts and Innovations” bietet jeden Donnerstag hochkarätige Vortragende aus aller Welt und jede Menge Diskussionspotential. Du kannst dich hier direkt anmelden. Wir sehen uns dort!
Weiterführende Links:
Aufzeichnungen der Vorträge 2020
Anmeldung zur Vorlesung im Wintersemester 2021